Die Forschung von Prof. Bingel konzentriert sich auf die Schnittstelle zwischen der Schmerzverarbeitung des zentralen Nervensystems und den kognitiven Neurowissenschaften. Ein Hauptinteresse gilt der Neurobiologie des Schmerzes. Konkret untersucht die Arbeitsgruppe von Prof. Bingel die Mechanismen, die der Schmerzempfindlichkeit eines Menschen, seiner Anfälligkeit für chronische Schmerzen und seiner Fähigkeit, Schmerzen unter bestimmten kontextuellen Umständen zu modulieren, zugrunde liegen. Die Wissenschaftler*innen untersuchen diese Mechanismen mit Hilfe der funktionellen und strukturellen Bildgebung des Gehirns in Kombination mit pharmakologischen und psychophysischen Ansätzen bei gesunden Probanden und bei Patientengruppen, die an chronischen Schmerzen oder neurologischen Erkrankungen leiden, die häufig mit Schmerzen einhergehen, wie z. B. die Parkinson-Krankheit. Im Rahmen dieses Forschungsschwerpunkts werden auch die nachteiligen Auswirkungen von akuten und chronischen Schmerzen auf kognitive Prozesse untersucht, die eine der Hauptbeschwerden von Schmerzpatienten darstellen. Durch den Einsatz von fMRI konnte prof. Bingel die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen dieser "unterbrechenden Wirkung des Schmerzes" sowie vermittelnde und moderierende Variablen aufdecken.
Ein weiterer Forschungszweig ist der Untersuchung der neurobiologischen Mechanismen von Placebo- und Nocebo-Reaktionen und deren Beitrag zu aktiven medizinischen Behandlungen gewidmet. Dabei hat Prof. Bingels Arbeit entscheidende Einblicke in den Beitrag von schmerzmodulierenden Mechanismen unter Einbeziehung endogener opioidergischer Aktivität im absteigenden schmerzmodulierenden System zur Placebo-Analgesie ergeben. Im Rahmen dieser Forschung wurde auch die fMRT des Rückenmarks eingesetzt, um zu zeigen, dass diese kognitiv ausgelösten Top-down-Mechanismen sogar die Verarbeitung nozizeptiver Informationen auf der Ebene des dorsalen Horns des Rückenmarks beeinflussen.
In jüngster Zeit ist Arbeitsgruppe von Prof. Bingel dazu übergegangen, den Beitrag von Placebo-Mechanismen (Erwartung und assoziatives Lernen) zur Wirksamkeit und Verträglichkeit aktiver pharmakologischer Behandlungen zu untersuchen.